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Dieser Artikel erschien im Tantranetz. Das Tantranetz unterstützt die Information, den Austausch und die Vernetzung aller Interessierten rund um die Themen Liebe, Erotik, Sexualität, Partnerschaft, undogmatische Spiritualität und Tantra. In dem Artikel "Gibt es Tantra heutzutage überhaupt" skizziert Regina Heckert die Entwicklung der tantrischen Spiritualität und zieht einen Vergleich zur heutigen tantrischen Praxis.
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In der heutigen Zeit wird den westlichen Tantra Schulen gerne vorgeworfen, dass sie mit dem ursprünglichen Tantraweg gar nichts mehr zu tun haben. Das sogenannte „Neo-Tantra“ wird abgewertet zu reinen Wellness-Veranstaltungen. Wirft man jedoch einen ehrlichen Blick auf die Tantra-Angebote, so muss man zugeben, dass viele Tantraschulen immer noch angebunden sind an die Tradition des Tantra und dem ursprünglichen Ziel dienen, sogar, wenn es manchmal gar nicht im Bewusstsein ist. Zwar haben sich die Methoden und Werkzeuge dem Zeitgeist angepasst. Alle tantrischen Sucher aber, die über Tantra als reine Lebenshilfe hinausgehen, werden zur spirituellen Praxis geführt. Dabei ist es unerheblich, ob man den für uns heute leichter verständlichen Anweisungen spiritueller Lehren folgt (wie z.B. Eckhart Tolle oder dem „Kurs in Wundern“) oder die ewig unveränderliche Wahrheit aus den alten Texten (z.B. Bhairava Tantra oder Bhagavad Gita) hören und erfahren lernt.
Tantra selbst ist keine Religion, durchdringt aber die beiden in Indien entstandenen Religionen Buddhismus und Hinduismus. Über die historischen Anfänge herrscht Unklarheit. So wird der Anfang manchmal 7000 v. Chr. datiert, anderen Orts setzt man die Zeit 300 v. Chr. fest. „Tantras“ sind die überlieferten alten Texte, die im Hinduismus aus Gesprächen zwischen der männlichen und weiblichen Gottheit in Frage und Antwort Form bestehen. Die buddhistischen Tantras sind Mantra ähnliche Formeln und später auch Lehrreden. Die Inhalte der Tantras waren geheim und wurden in verschiedenen Stufen der Einweihung vom Lehrer (Guru) an seine Schüler weiter gegeben.
Im Großen und Ganzen ist die Tendenz der Texte eine Anleitung zur Praxis. Das Ziel dieser Praxis des Tantra Schülers ist letztendlich seine Befreiung von den irdischen Anhaftungen durch die Rückkehr zur Einheit. Die Überwindung der Gegensätze der materiellen Welt geschieht dabei jedoch nicht durch Ablehnung und Askese, sondern durch Bejahung aller Aspekte des Daseins. Ja sogar noch weit mehr: Der Körper, die Sexualität, die menschlichen Verstrickungen werden geradezu zu Mitteln der Befreiung. Ist der Mensch durch die tägliche Praxis und die Unterweisung durch einen Tantra Meister wieder an seinen göttlichen Ursprung angeschlossen, d.h. erleuchtet, hat er das tantrische Ziel verwirklicht.
Jede der deutschen Tantraschulen verfolgt vermutlich diesen Weg hin zur innersten Essenz, hat aber – u.a. bedingt durch die Persönlichkeit der Leitung – jeweils andere Schwerpunkte. Da auch die Teilnehmer unterschiedliche Vorlieben haben, wird jeder Mensch genau den Tantra Lehrer bzw. die Tantra Lehrerin finden, die zu ihm passen. Am besten folgt man bei der Auswahl seiner Intuition beim Durchlesen von Prospekten oder Websites. Manchmal ist der Besuch einer Einzelveranstaltung zu empfehlen, um sich einen ersten Eindruck von der Person zu verschaffen, der man sich anvertraut.
Auch heute gilt wie früher, dass Tantra keine Religion ist. Insofern ist jeder willkommen in seiner speziellen religiösen Färbung und auch dann, wenn sein Lebensweg keine festgelegte Form (Religion) der Suche nach dem Größeren enthält. Auch jeder, der sich atheistisch nennt, ist im Tantra von Herzen willkommen. Es gibt nämlich gar nichts, was auf der Reise zur Selbsterkenntnis nicht genutzt werden könnte. Als Tantraweg der Befreiung setzen wir die ursprüngliche Tantra Tradition fort. Die Befreiung des Menschen aus seinen irdischen Anhaftungen, die Glückseligkeit und Freiheit als Folge hat, ist das Ziel. Das Leben selbst und die Praxis im Alltag sind dabei die obersten Lehrmeister.
Aus dem kleinen Ich (dem Ego) heraus ist nur begrenzt Veränderung möglich. Deshalb bleibt dem Glückssuchenden nichts anderes übrig, als sich in demütigem Vollzug dem Größeren (dem Leben, dem Göttlichen, dem Unsagbaren) anzuvertrauen. Diesen Vorgang nennen die Religionen Gebet. Das innere Gebet bedarf aber nicht der bestimmten Form einer Religion. Es wird sowieso immer mehr in die Formlosigkeit weisen und zur Formlosigkeit werden. Zu Beginn ist die in inneren Worten gesprochene Anbindung nötig. Sie wird immer wieder und immer mehr auch der wortlosen Meditation weichen.
Bei Tantra Ritualen in meinen Seminaren wird der Zugang zu dieser Quelle der Veränderung bewusst geschult. Tantra ist so verstanden keine Religion und vertritt auch keine besondere religiöse Richtung. Jeder Mensch betritt diesen inneren Raum auf seine Art. Das Intimste, was in tantrischen Begegnungen möglich ist, ist ein einander offenbartes inneres Gebet und nicht unbedingt die sexuelle Gipfelerfahrung. Wo beides jedoch zusammenfließt, Himmel und Erde, Gebet und Sinneslust, Meditation und Sexualität jubelt die befreite Seele.
Artikel von Regina Heckert, veröffentlicht auf tantranetz.de, Erscheinungsjahr: 2019
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