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Dieser Artikel erschien im Tantranetz. Das Tantranetz unterstützt die Information, den Austausch und die Vernetzung aller Interessierten rund um die Themen Liebe, Erotik, Sexualität, Partnerschaft, undogmatische Spiritualität und Tantra. In dem Artikel "Prostituiertenschutzgesetz - Verständnis für den Gesetzgeber" reflektiert Regina Heckert ihre eigenen Erfahrungen mit Tantramassagen.Diese Erinnerungen bezieht sie auf aktuelle Diskussionen rund um die damit verbundene Gesetzeslage…
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Manchmal versetze ich mich in diejenigen hinein, deren Denk- oder Handlungsweise ich nicht richtig nachvollziehen kann, zumindest versuche ich es. Möglicherweise steckt dahinter der Wunsch nach Frieden, denn was ich verstehen kann, erzeugt in mir friedliche Gefühle anstatt Angriff, Auseinandersetzung und Kampf …
Auch auf die Gefahr hin, zur tantrischen Nestbeschmutzerin zu werden, möchte ich hier meine Erfahrungen zum Thema Tantramassage und Prostitution mitteilen, die letzten Endes zu meinem Verständnis für den in Tantrakreisen gerügten Gesetzgeber geführt haben.
Als junge Frau habe ich eine Zeit lang Tantramassagen angeboten. Da es mir wichtig war, eine klare Trennung zur Prostitution zu ziehen, traf ich mich stets einige Tage vorher mit den Kunden, die damals zu hundert Prozent Männer waren, in einem Café. Ich beschrieb ihnen, was ich unter einer Tantramassage verstehe. Neben dem Ablauf, der Einbettung in gemeinsame Meditation, versuchte ich auch zu vermitteln, dass wir miteinander Räume von Präsenz betreten, in denen das reine Sein, die Absichtslosigkeit, ja sogar die Heiligkeit aufblitzen können, um uns beide auf zutiefst heilsame Weise zu beseelen.
Ich selbst als Gebende verstehe mich dabei als reiner Kanal für diese heilende Energie der achtsamen Gegenwärtigkeit und habe keinerlei persönliche Interessen. Ebenso ist es mir wichtig, dass auch die empfangende Person ohne Vorstellungen, Ziele und Absichten sich den körperlichen und energetischen Berührungen hingibt. Ganz konkret bedeutet das, dass keine sexuelle Stimulation stattfindet oder sogar ein Orgasmus angestrebt wird. Das sogenannte „Happy End“ – ein herbeigeführter sexueller Höhepunkt – gab es in meinem Angebot nicht. Hatten wir darüber ein Einverständnis erzielt, vereinbarten wir erst einen Termin.
Ich habe letztlich nicht sehr viele Tantramassagen gegeben. Denn fast alle Männer, die zu mir kamen, hofften insgeheim doch, dass die Vorrede nur eine Ausrede war und sie mich umstimmen konnten. Auch mein Hinweis, dass es keinen Grund gibt, mich bei der Massage anzufassen, wurde immer wieder ignoriert. Letztlich war ich maßlos enttäuscht, dass doch jeder letztlich die sexuelle Stimulation mit Orgasmus wollte, eben auf eine himmlisch schöne Weise. So stand ich mit leeren tantrischen Händen da. Was ich geben konnte, war wohl zu wenig, und was ich geben sollte, war für mich ganz eindeutig Prostitution.
Eine Schülerin von mir machte ähnliche Erfahrungen. Nach entsprechenden Vorgesprächen blieben nur noch wenige interessierte Kunden übrig. Und diese kamen nicht mehr, nachdem sie – manchmal sogar mehrfach – beim Versuch scheiterten, ihr sexuelles Ziel trotz aller Absprachen doch zu erreichen.
Vor vielen Jahren habe ich mit meinem Mann eine Art Erkundungstour gemacht. Wir buchten bei namhaften Tantramassage Instituten Tantramassagen als Paar. Nach der ersten Massage – in zauberhaft tantrischem Ambiente – standen wir anschließend draußen auf der Straße und ich schüttelte fassungslos den Kopf. Ich hatte mir vorgenommen, alles genauso zu nehmen, wie es kam und keinerlei Vorgaben oder Einwände zu machen. So fanden wir uns nun mit mehreren eben gerade erlebten Orgasmen in der Einkaufstasche vor. „Das war doch Prostitution“, sagte ich zu meinem Mann. „auf tantrisch schöne Weise!“
Bei der nächsten Massage in einem anderen Institut waren wir schon vorgewarnt. Es gab dort direkt vor Beginn ein Vorgespräch. Dieses Mal äußerten wir, dass es uns nicht um sexuelle Befriedigung gehe. Das Vorgespräch blieb nutzlos. Beide Massierende mühten sich erfolglos sowohl bei meinem Mann als auch bei mir ab, sexuelle Erregung zu erzwingen. Erneut war ich fassungslos.
Im Laufe jahrzehntelanger Arbeit als Tantralehrerin bin ich vielen Tantramasseurinnen begegnet. Wenn ich nachfragte, musste ich immer wieder feststellen, dass das Happy-End Bestandteil ihrer Arbeit ist. Sie waren stets ausgebucht und der Terminkalender war voll.
Eine einzige unserer Tantramassage-Erfahrungen als Empfangende am Ende unserer Tour war schließlich doch beseligend und rundum erfüllend. Unsere Lebensbatterien sprühten vor Energie. Körper, Geist und Seele waren eins und zutiefst entspannt. Diese Erfahrung verdanke ich einer langjährigen Teilnehmerin meiner Seminare, die die Grundsätze der Tantra-Heilmassage mit Freude einhielt.
Wieso also melde ich mich hier zu Wort und habe sogar Verständnis für den Gesetzgeber, der wohl noch weniger als ich imstande ist, Tantramassagen von Tantramassagen zu unterscheiden und beides der Einfachheit halber in den Prostitutionstopf wirft?
In einer Tantramassage wird der ganze Körper, also auch die Genitalien, achtsam berührt. Woher weiß ein Gesetzgeber, wann gezielt sexuell stimuliert wird und wann nicht? Soll er Kameras installieren? Meiner Meinung nach können keine noch so ausgefeilten Richtlinien erstellt werden, die ein objektives Messergebnis möglich machen. Tantramassagen sind leider sehr häufig wirklich Prostitution. Schade, dass dadurch auch die wenigen Anbieter betroffen sind, die Tantramassagen zur sexuellen Heilung in Hingabe und Absichtslosigkeit zu geben im Stande sind.
Buch von Regina Heckert
im Handel seit2023