Funkelnde Bereitschaft
Ich erwarte einen schweren Job. Berührung kann er nicht aushalten. Er bekommt sofort starke Hautausschläge. Sein ganzer Körper beginnt dann zu jucken und zu brennen. Doch ich bin gewappnet. Natürlich werde ich all mein Wissen und Können aufbieten, um ihm den Weg aus der Hölle der Einsamkeit zu weisen, und seinem Schicksal, wenn es denn gnädig sein sollte, ein Schnippchen zu schlagen. Mein riesiges Wohnzimmer mit loderndem Feuer habe ich in einen wahren Palast verzaubert: Kerzen, Düfte, Meere von Blumen und Tüchern und ein traumhaftes Lager vor dem Kamin. Alles funkelt vor Bereitschaft.
Stufe um Stufe ist er zu mir nach oben gekommen. Stufe um Stufe werde ich ihn tief hinein in das ersehnte Liebesland führen: jede Perle am Wegesrand, jeden zwitschernden Liebesvogel, jede summende verlockende Sirene, jede wollüstig sich räkelnde Katze, jeden heimlichen Seelenhauch, das weite Meer, den unendlichen Raum, die zartesten Liebeshimmel und ein paar bedachte Schritte in die Funken der Höllenlust – alles, alles wird er kosten, schmecken, riechen, ertasten und am Ende auch sehen…
Im Liebestempel
Er hängt seine Jacke an die Garderobe und zieht seine Schuhe aus. Ich nehme jede kleine Regung wahr. Pocht da sein Herz oder meines, oder spielen sie gemeinsam schon ein unhörbares neues Lied? „Gerne würde ich dir für einen Großteil des Abends die Augen verbinden. Ist das in Ordnung?“ Später habe ich erfahren, die Augenbinde sei seine Rettung gewesen.
Behutsam führe ich ihn in den geweihtenTempel. Kerzen und Kamin flackern um die Wette. Totale Unschuld, sie ist einmalig. Nie wieder lassen sich solche Augenblicke wiederholen. Deshalb muss man alle ihre Sekundenbruchteile genießen und sie in die Ewigkeit hinein ausweiten. Lange sitzen wir auf Meditationskissen, bestimmt eine halbe Stunde. Schweigen, Atemzüge, Staunen, Ungeduld, Angst, Stille, Vorfreude und totale Ahnungslosigkeit dehnen sich innen und außen aus und erfüllen die weit geöffneten Schenkel einer unbekannten Himmelspforte. Er entdeckt, schnuppert, erahnt die pralle Welt der Sinne. Sein gestautes Verlangen entflammt Leib und Seele. Zarte prickelnde Wellen lassen seinen Körper erschauern. Er versinkt in feine Düfte, taucht auf, spielt ach so zart mit den erlesenen Früchten, mit denen ich seine vollen Lippen necke. Woher weiß er nur um dieses Spiel?